Informationen zur Sistierung des Rüstungsprojekts BODLUV2020

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Am 22. März 2016 hat das VBS entschieden, das Rüstungsprojekt BODLUV2020 MR, welches sich derzeit in der Evaluationsphase befindet, zu sistieren. Nachdem angeblich Ungereimtheiten an die Öffentlichkeit gelangt sind, spricht die Presse nun vom „Scheitern“ des Projekts. Die AVIA hat das Rüstungsprojekt sowohl während der Konzeption wie auch während der Evaluation unabhängig mitverfolgt. Aus Sicht der AVIA war das inhaltlich und zeitlich anspruchsvolle Projekt grundsätzlich gut unterwegs.

Der Entscheid, die Evaluation vorübergehend zu sistieren, erachtet die AVIA als legitim, so dass Fragen und Unklarheiten geklärt werden können. Voreilig vom Scheitern des Projektes zu sprechen ist aber falsch und kontraproduktiv, insbesondere wenn wie im vorliegenden Fall die Analyse der Materie derart komplex ist und viel Sachverstand erfordert.

Rolle Generalunternehmer:

In der Tat offene Fragen wirft der Umstand auf, dass für die Auswertung der Evaluation ein externes Unternehmen als Generalunternehmer beauftragt wurde. Eine Aufgabe, die eigentlich zum originären Verantwortungsgebiet der Rüstungsbeschaffungsbehörde Armasuisse gehört. Inwiefern dies aber eine Folge davon ist, dass aufgrund der jahrelangen Kürzungen des Rüstungsbudgets diese Behörde laufend dezimiert wurde und an Wissen einbüsste, darf nicht ausser Acht gelassen werden.

Offenbar agiert der gewählte Generalunternehmer unabhängig und fair, was von verschiedenen Seiten attestiert wird. Dass die Wahl des Generalunternehmers auf einen schweizerischen Ableger eines Anbieters für das Radarsystem viel, beurteilt die AVIA trotzdem nicht als geschickte Auswahl.

Evaluation BODLUV2020:

Zu präzisieren ist, dass bisher kein Beschaffungsantrag erfolgt ist, schon gar nicht für zwei Lenkwaffensysteme. Das Projekt befindet sich mitten in der Evaluation. Gemäss den publik gewordenen Informationen gab es lediglich die Absicht, die leistungsstärkere Lenkwaffe IRIS-T SL des deutschen Herstellers Diehl BGT Defence zu favorisieren und auf dieser Basis das dazu geeignete Radarsystem zu evaluieren. Erst dann, wenn Lenkwaffe und Radarsystem definiert sind, kann die Leistung des Gesamtsystems begutachtet werden. Die zweite Lenkwaffe CAMM-ER des englischen Herstellers MBDA wurde noch nicht aus der Evaluation geworfen, um je nach Leistungen des Gesamtsystems allenfalls weitere Optionen offen zu haben.

Der nächste Schritt in der laufenden Evaluation wäre ein Vorschlag für das Gesamtsystem zuhanden des Rüstungschefs und des Chefs der Armee gewesen. Diese beiden hätten dann wiederum eine Empfehlung zur Beschaffung zuhanden des Departementchefs abgegeben.

Lenkwaffen-Technologien:

IRIS-T SL:

Die favorisierte Lenkwaffe IRIS-T SL ist eine weit entwickelte Lenkwaffe und erfüllt die schweizerischen Evaluations-Anforderungen der Reichweite. Sie ist eine Weiterentwicklung der IRIS-T, welche seit Jahren auf dem Eurofighter der deutschen Luftwaffe im Einsatz ist. Die IRIS-T SL wird vom Boden aus mittels Radar gelenkt und verfolgt in der Endphase der Zielbekämpfung ihr Ziel mittels eines auf der Lenkwaffe befindlichen Infrarot-Suchkopfs. Die deutsche Bundeswehr hat für die Erneuerung ihrer bodengestützten Luftverteidigung die IRIS-T SL evaluiert und diese für allwettertauglich erklärt, was sie auch in Tests bewiesen hat.

CAMM-ER:

Die Lenkwaffe CAMM-ER ist eine Weiterentwicklung der CAMM-Lenkwaffe, welche vor allem im Marineumfeld im Einsatz ist. Die Weiterentwicklung hat zum Ziel, dass die CAMM-ER gegenüber der CAMM eine grössere Reichweite aufweist. Die CAMM-ER wird vom Boden aus mittels eines Radars gelenkt und verfolgt in der Endphase der Zielbekämpfung ihr Ziel mittels eines auf der Lenkwaffe befindlichen Radar-Suchkopfs. Die CAMM-ER wurde Ende letzten Jahres zum ersten Mal für Tests abgefeuert.

Weiteres Vorgehen:

Die «AVIA – Gesellschaft der Offiziere der Luftwaffe» bedauert grundsätzlich, dass vertrauliche Informationen über Rüstungsgeschäfte an die Öffentlichkeit gekommen sind. Gleichzeitig begrüsst sie, dass offene Fragen im Projekt und zur Gesamtübersicht der Luftverteidigung geklärt werden können. Für die AVIA unklar ist, warum IRIS-T SL von den deutschen Experten als allwettertauglich eingestuft wurde und von den schweizerischen Experten nicht. Hier wäre sicherlich Klärungsbedarf angebracht.

Die AVIA hofft, dass die Klärung aller Aspekte sehr schnell erfolgt und dass das für die Sicherheit des Landes wichtige und zukunftsgerichtete Projekt möglichst bald weitergeführt werden kann.

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