Stellungnahme zu den heutigen Grundsatzentscheiden des Bundesrats über die Erneuerung der Mittel zum Schutzes des Luftraums
Die Gesellschaft der Offiziere der Luftwaffe AVIA nimmt den Entscheid des Bundesrats zur Beschaffung des neuen Kampfflugzeugs NKF mit Besorgnis zur Kenntnis. Die Miliz-Offiziere sehen eine akute Gefahr, dass mit dem geringen Investitionsrahmen von insgesamt 15 Milliarden Franken der aufgestaute Erneuerungsbedarf vergangener Jahre bei Luftwaffe und Heer nicht mehr aufgeholt werden kann. Die AVIA verweist auf den verfassungsmässigen Auftrag der Armee zur Verteidigung von Land und Bevölkerung und die diesbezüglich hohe Bedeutung der Luftwaffe. Sie hält fest, dass selbst gemäss Bundesrat ohne zusätzliche Finanzmittel die Verteidigung nicht mehr in allen Lagen wirksam und autonom gewährleistet werden kann. Die AVIA fordert deshalb von Bundesrat und Parlament weitere Massnahmen zur Gewährleistung einer glaubwürdigen Verteidigung sowie eine transparente Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation.
Der Bundesrat hat heute Grundsatzentscheide zur Erneuerung der Mittel zum Schutz des Schweizer Luftraums getroffen, wonach für neue Kampfflugzeuge und ein neues System für die bodengestützte Luftverteidigung maximal CHF 8 Mrd. eingesetzt werden sollen. Die Luftwaffen-Milizoffiziere erachten es als richtig, auf die Kommunikation konkreter Stückzahlen zu verzichten. Das erhöht den Wettbewerb bei den Anbietern. Sie sind jedoch aufgrund des niedrigen Investitionsrahmens besorgt um die zukünftige Sicherheit und Souveränität der Schweiz, insbesondere aufgrund der sich verändernden internationalen Sicherheitslage.
Die Armee hat den verfassungsmässigen Auftrag, das Land und seine Bevölkerung zu verteidigen. Die Schweiz ist keinem Verteidigungsbündnis angehörig. Somit muss sie diesen Auftrag autonom erfüllen.
Aufgrund der enormen Bedeutung der Lufthoheit für die Souveränität eines Landes, der hohen Dynamik von Luftoperationen und der kurzen Vorwarnzeiten ist die Luftwaffe in ausserordentlichen Lagen wie Spannungen und Konflikten ein entscheidendes Mittel der ersten Stunde. Eine starke Luftwaffe trägt massgebend dazu bei, drohende bewaffnete Konflikte wirksam abhalten zu können.
Der Bericht des Bundesrats zum Konzept der langfristigen Sicherung des Luftraumes vom 27. August 2014 hält fest, dass lediglich schon für einen länger anhaltenden Luftpolizeidienst insgesamt 55 Kampfflugzeuge nötig sind und Luftverteidigung noch anspruchsvoller ist. Dementsprechend weist auch der Bericht der Expertengruppe NKF vom Mai 2017 aus, dass für eine autonome Luftverteidigung über eine längere Zeit 55-70 Kampfflugzeuge und bodengestützte Luftverteidigungsmittel notwendig sind. Damit sagen sowohl Bundesrat als auch die Experten in der Armeeführung in ihren Berichten klar, welche Fähigkeiten für eine wirksame Luftverteidigung erforderlich wären. Ein Ziel, welches jedoch mit dem heute kommunizierten Budget kaum erreichbar ist.
Sofern keine weiteren Massnahmen zum Betrieb eines umfassenderen, integrierten Luftverteidigungssystems resp. der Armee keine zusätzlichen Finanzmittel zugestanden werden, nimmt folglich der Bundesrat mit seinem heutigen Entscheid in Kauf, die Verteidigung nicht mehr autonom und über eine längere Zeit gewährleisten zu können.
Aus diesem Grund fordert die AVIA vom Parlament substanzielle Korrekturen, so dass die zur glaubwürdigen Luftverteidigung notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden können. Erfolgt dies nicht, ist aufzuzeigen, wie und über welchen Zeitraum die Luftwaffe die zwingend notwendigen und von Experten aufgezeigten Fähigkeiten zur autonomen und nachhaltigen Luftverteidigung erlangen soll. Dabei gilt es zu bedenken, dass Fähigkeiten zur Luftverteidigung äusserst anspruchsvoll und deren Aufbau entsprechend komplex und die Beschaffungsprozesse zeitintensiv sind (> 10 Jahre).
Andernfalls wird eine breit abgestützte sicherheitspolitische Diskussion erforderlich, inwiefern die Schweiz noch in der Lage sein soll, die Verteidigung alleine sicherzustellen.